Schnuckeliges Salzburg - Da geb' ich mir die Mozartkugel

14.10.2015 11:55

Alles dreht sich um Wolfgang Amadeus Mozart. In Schaufenstern hängen Kissen mit seinem Konterfei, kleine baumelnde Figürchen tragen eine Wolferl-Perücke und Mozartkugeln werden in gefühlt jedem Laden verkauft, vollkommen unabhängig davon, was sonst dort angeboten wird. Das Idol Mozart wird in Salzburg geradezu kultisch verehrt. Geburts- und Wohnhaus sind zu Museen geworden, Straßen und Wege tragen seinen Namen. Es gibt Festivals, Konzerte und Wettbewerbe unter seinem Namen, Straßenmusiker spielen seine Werke und als ich gerade auf dem Mozartplatz ankomme, singt eine asiatische Mädchengruppe ein Werk von ihm, direkt vor seiner Statue. Fasziniert höre ich zu, bin gefangen von der Darbietung, die so unerwartet meinen Besuch hier bereichert. Doch ich merke schnell, dass eine solche Aufführung perfekt zu dieser Stadt passt. 

Salzburg in Österreich. Foto: Wolfgang Bürkle

Denn das Zentrum von Salzburg ist ein entzückendes Freilichtmuseum, ein einziges Denkmal geradezu, gewidmet eben nicht nur der bischöflich-kirchlichen Vergangenheit, sondern vor allem dem musikalischen Sohn der Salzach-Gemeinde. "Mozartstadt" klingt ja auch schon so nett, mit diesem "zart" darin fühlt man sich gleich wohlig angenommen, an eine zarte Versuchung erinnert. Schnuckelige Gässchen, schöne Kirchen, gepflegte Friedhöfe und Parks, historische Fassaden prägen das Stadtbild, zurecht ein Unesco-Weltkulturerbe. Ein bisschen zu viel Grau vielleicht - vor allem, wenn der Himmel schon Wolkenverhangen ist, wirkt die Altstadt etwas trübe und kann nur durch die bunten Lichter der Schaufenster und manch farbige Fassade erheiternder wirken. Ich bin etwas hin- und hergerissen zwischen "Ach, ist ja nett hier" und "Irgendwie schon ein bisschen kitschig". Die Festung Hohensalzburg jedenfalls, die schützend über den Dächern der Altstadt thront, wirkt von außen archaisch-rustikal - wenn doch darin das Marionetten-Museum nicht wäre. Bei einem Blick von der anderen Seite der Salzach, vom Kapuzinerberg aus, wird mir klar: Salzburg ist das perfekte Vorbild für eine Modelleisenbahn-Stadt: Auf einem Felsen die Festung, darunter ein Tunnel und die Altstadt, bunte Häuser direkt an den Hang geklebt, einige hohe Kirchtürme, ein Flüsschen und viele farbenfrohe Menschen. Nur die Gleise fehlen hier für den perfekten Modell-Eindruck, die verlaufen erst weiter nördlich. 


Vor der Mozart-Statue in Salzburg in Österreich. Foto: Wolfgang Bürkle

 
Doch zurück zu Mozart: Ich teile seinen Vornamen, ein bisschen Klavier kann ich auch spielen. Viel mehr verbindet mich nicht mit dem "Über"-Musiker. Ein paar Stücke von ihm konnte ich mal spielen, den "Türkischen Marsch" etwa. In der Schule kauten wir die "Zauberflöte" durch. Aber das meiste, was ich von ihm weiß, stammt aus dem überspitzten Film "Amadeus" - den ich allerdings auch schon jahrelang nicht mehr gesehen habe. Jetzt, in Salzburg, amüsiert es mich, überall den Namen Wolfgang zu lesen, verbunden mit den Formulierungen "Wunderknabe" oder "Ausnahmetalent". Dabei war Mozart selbst offenbar kein großer Salzburg-Fan. In einem Brief an seinen Vater schrieb er 1779 einmal: "Ich schwöre ihnen bey meiner Ehre daß ich Salzburg und die ihnwonner (ich rede von gebohrnen Salzburgern) nicht leiden kann; - mir ist ihre sprache - ihre lebensart ganz unerträglich." Doch Salzburg nimmt ihm dies nicht krumm - und profitiert mittlerweile ausgezeichnet von seinem materiellen und ideellen Nachlass.  
 
Mozart-Souvenirs in Salzburg in Österreich. Foto: Wolfgang Bürkle

Auch ich kann über 220 Jahre nach seinem Tod seine Ansicht nicht mehr nachvollziehen. Natürlich hat sich seitdem viel geändert und ich bin ja auch nur einen Tag hier ... Aber nun pilgern Musikfreunde nach Salzburg, um mehr von Mozarts Leben und Werk kennen zu lernen. Sie genießen die freundlich entspannte Kaffeehaus-Lebensart, schlendern durch die Gassen und lassen von Hektik nur wenig erkennen. Überall begegne ich Touristen - klar erkennbar an einheitlichen Mützen oder einem Schild- bzw. Schirm-schwingenden Guide. Nur Amerikaner suchen in Salzburg die Locations des Musikfilms "The Sound of Music", alle anderen lassen sich von Mozart und den Kirchen inspirieren. Ich lasse noch eine der kleinen Schoko-Nougat-Marzipan-Kugeln auf meiner Zunge schmelzen und versuche dabei den "Türkischen Marsch" zu pfeifen. Mozart ist hier eben ansteckend.

Salzburg in Österreich. Foto: Wolfgang Bürkle
 

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