Merkwürdige Sitten in Griechenland - Corfou Penguins Club

17.01.2014 13:32

Es war eine Zeit des jugendlichen Froh- und Leichtsinns, als uns die Welt noch offen stand, wir hehre Ziele hatten und dennoch der Vergangenheit verbunden waren. Die Fragen, um die sich das Leben drehten, beschäftigten sich mit der Schule, der Zeit danach, der nahen Zukunft. Es gab kein Streben nach viel Geld, keine Probleme mit der Bürokratie, keinen Gedanken an die Altersvorsorge. Die Zeit, die ich meine, waren die letzten Jahre des zweiten Jahrtausends, die Zeit, in der ich noch zur Schule ging.

Als ich meine Schränke jüngst beim Ausmisten durchwühlte, stieß ich dabei auf alte, ja fast historische Unterlagen. Ich fand ein schmales Buch in rotem Einband. Darin enthalten die Gründungsgeschichte des legendären Corfou Penguins Club (CPC), herausgegeben zum ersten Geburtstag des Clubs. Über zehn Jahren hatte ich wohl in dem Band nicht mehr geschmökert - und ich begann schließlich in nostalgischer Stimmung darin zu blättern. Schließlich war der CPC mit vier Freunden nach einer Jugendfreizeit auf der griechischen Insel Korfu entstanden.

Am Strand in Korfu, Griechenland. Foto: Wolfgang Bürkle

Die Freizeit fand 1996 statt. Ich war 16, es war mein erster Urlaub unter Jugendlichen im Ausland. In meiner Erinnerung blitzen nun, knapp 18 Jahre später, Bilder auf, von abendlichen Trinkgelagen, Strandabenteuern, Partys, Ausflügen und Radtouren. Ortsnamen wie Peroulades, Pantokrator, Kerkyra, Vlacherna. Wir besuchten das Sissi-Schloss Achilleion, tanzten Macarena, tranken Ouzo und aßen gegrillten Schwertfisch. Einige Fotos davon habe ich noch, in ein buntes Fotoalbum eingeheftet. Wir machten viel Unfug. Andere Erinnerungen streifen ein kurzes Verknalltsein, Händchenhalten. Und dann die langen Fährfahrten mit Übernachtung im Schlafsack auf offenem Deck. Bei langen Gesprächen mit den anderen Jugendlichen, mitunter sinnfreiem Herbeigeschwurbel, entwickelten wir eigene Stammbäume der Freizeitteilnehmer und merkwürdige Geschichten von Wutzehaien und korfiotischen Pinguinen.  

Vielleicht waren es diese Geschichten, die dazu führten, dass eines Tages im Freundeskreis der Entschluss gefasst wurde, diesen Courfou Penguins Club zu bilden. Die Ziele dahinter ... offiziell natürlich die Förderung des gesellschaftlichen kulturellen Lebens - aber eigentlich ging es um unsere Gemeinschaft, das Erinnern an den gelungenen Sommerurlaub, begleitet von einem gewissen pseudointellektuellen Anspruch. Fontane-, Goethe oder Remarque-Texte wurden bei den unregelmäßigen Treffen gelesen, Fotos von Korfu und von anderen Freizeiten geschaut, dazu Hochprozentiges oder Wein getrunken. Der Club wurde Anfang 1998 gegründet, als ich gerade ein Schuljahr in den USA verbrachte. Die Gründung bekam ich per Brief und Foto mit. Nach meiner Rückkehr war ich offiziell dabei.

Foto: Wolfgang Bürkle

Die Texte für das Buch zum einjährigen Bestehen mit dem Titel "Nausikaa" (nach der Tochter des phaiakischen Königs Alkinoos) wurden von allen Mitgliedern zusammengetragen, ausgedacht, niedergeschrieben, anschließend gebunden. Historische Abrisse, Gedichte, Geschichten, Referate, Listen und viel mehr kreativen und ausgedachten Wahn- und Unsinn auf 90 Seiten brachten wir zustande - immer noch lesenswert.  

Doch allzu lang hielt der Club nicht durch. Wie viele Treffen es gab, weiß ich nicht mehr. Die Mitglieder verstreuten sich mit der Zeit, zogen weg, studierten. Neue Freundeskreise und neue Beziehungen kamen. 1999 fuhren wir erneut mit einer Gruppe nach Korfu - allerdings nicht mit allen CPC-Mitgliedern. Irgendwann danach lief der Club aus. Wurde abgelöst von anderen sozialen Agglomerationen im Bekanntenkreis. Klar traf man sich auch im neuen Jahrtausend noch - aber nie mehr unter dem Banner des CPC. Es bleiben die Erinnerungen an die Zeit des jugendlichen Froh- und Leichtsinns, als einem die Welt noch offen stand, man hehre Ziele hatte und dennoch der Vergangenheit verbunden war.

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