Kamerun - Beim Lamido von Demsa

26.03.2013 14:42

Der Lamido von Demsa.

 

Seine Pferde sind sein ganzer Stolz. Kein Wunder: Der Lamido von Demsa, seine Majestät Aboubakar Moustafa, hat rund 70 Stück davon. Edle Araber in schwarz, in braun, in weiß, stolz, groß und sehnig-muskulös gebaut. Ein Pferdekopf ziert mit zwei gekreuzten Klingen sein aktuelles Wappen; ein weiteres Design zeigt statt dem Pferdekopf einen Maiskolben. Als ich den Lamido Aboubakar Moustafa im März besuche, sind rund 20 der Tiere bei einer Fantasia in Nigeria - einer großen Reitveranstaltung, die eine lange Tradition im westlichen Afrika hat und die potenzielle Heeresstärke eines Herrschers symbolisiert. Die anderen Pferde seiner Majestät befinden sich jeweils in der Obhut ihrer Reiter, darunter auch in den Händen der 25 Minister, die dem Lamido unterstehen. Aboubakar Moustafa hat das Amt – das vergleichbar mit dem eines arabischen Emirs oder Sultans ist - erst seit wenigen Monaten inne; er trat die Nachfolge seines verstorbenen Vaters Mohamadou Moustafa im Dezember 2012 an. Das Lamidat, also das Reich, über das er im traditionellem Sinne herrscht, erstreckt sich im Nordwesten Kameruns über gut 4000 Quadratkilometer, entlang der Grenze nach Nigeria. In der Trockenzeit ist das Gebiet heiß und drückend, dürre blassgrüne Bäume zieren die Straßen, der ockerfarbene Sand dringt in Nase, Mund und Ohren, setzt sich auf der Kleidung fest.

Beim Lamido von Demsa in Kamerun. Foto: Wolfgang Bürkle

Aboubakar Moustafa ist ein moderner Lamido: er ist bei Facebook, hat eine Webseite und auch nur eine Frau mit zwei Kindern. Sein Amt hingegen ist an die seit zwei Jahrhunderten geltenden Traditionen geknüpft. Zwar hat der Lamido keine offizielle politische Macht - dennoch gibt es in der Region um Garoua rund 50.000 Muslime, die ihn um Rat und Hilfe bitten können. Und sie tun es auch: Denn der Lamido - er ist Anfang 30, hat in Frankreich und Tunesien Verwaltungsinformatik studiert - arbeitet jeden Tag bis 15 Uhr in einer Bank, danach erwarten ihn die vielfältigen und auch von der Regierung gebilligten Aufgaben seines Amtes: Der schmale aber würdevolle Mann berät sich mit seinen Ministern, empfängt Besucher und Ratsuchende, will soziale Projekte anstoßen und den Lebensstandard, die Bildung und die Gesundheit seines Volkes verbessern. Die meisten Angelegenheiten betreffen die Grundstücksverteilung sowie das Familienwesen: Eheschließung, Scheidung, Streit. Wenn ein Mann nicht für seine Familie sorgen kann, kann der Lamido ihm unter die Arme greifen oder ihn gegebenenfalls zurechtweisen. Allen Entscheidungen liegt die oberste Maxime zugrunde: die Wahrung des Friedens, sowohl innerhalb des Lamidats als auch mit den benachbarten Herrschern. Die Wahrung der Bräuche, der Herkunft, der Authentizität, geht damit einher. Eine Frau als Lamido? Moustafa schmunzelt auf diese Frage nur und verneint.

Der Lamido von Demsa. Foto: Wolfgang Bürkle

Gerade mal drei Wochen vor meinem Besuch wurde in einem der nördlicheren Lamidats, in der Nähe des Waza-Nationalparks, eine Gruppe Franzosen von einer islamistischen Gruppierung nach Nigeria verschleppt. Das Auswärtige Amt in Deutschland riet daraufhin von Reisen in den hohen Norden Kameruns und in Grenzgebiete ab. Doch der Lamido von Demsa versichert, dass freundliche und interessierte Europäer immer herzlich willkommen sind – seien es Touristen oder Investoren. Auch der französische Botschafter, der eine Woche vor uns bei Aboubakar Moustafa zu Gast war, sprach natürlich das Thema Sicherheit an. Bei der Entführung kamen allerdings, so hört man in Kamerun von verschiedenen Quellen, mehrere “unglückliche Faktoren” zusammen: Die Familie hat sich wohl entsprechend ungünstig verhalten. Mit dem Auto waren sie in der trockenen Gegend liegen geblieben, Hilfe war nötig, aber wohl nicht so schnell und zuverlässig wie erhofft. Einer der Franzosen betonte seinen beruflichen Status gegenüber hilfsbereiten Kamerunern dann wohl etwas zu oft – sie witterten ein gutes Zubrot und informierten die nigerianischen Entführer. Der Ausgang ist bislang ungewiss.

 

Wir jedoch fühlen uns in Kamerun und beim Lamido von Demsa pudelwohl und durchaus sicher. Seine Residenz an der staubigen Straße ist komfortabel eingerichtet, die Mauern sind hoch, Jeeps und Handys gibt es schon lange. Alle Untergebenen, denen wir begegnen, sind ausgesprochen freundlich und zuvorkommend. Sie singen uns ein Ständchen, machen Musik, sie lächeln für die Kamera, lassen uns auf Kamelen und manchen Pferden reiten und der Bruder des Lamidos zeigt uns auch den weiteren Stolz der Familie: das Museum. In einer großen Halle sind nicht nur historische Kostüme und Handwerksgegenstände untergebracht, sondern auch eine leicht angestaubte aber doch bedeutsame Sammlung historischer Autos. Ein 2CV, ein BMW 520, ein VW Käfer, ein paar weitere alte Kultautos - und als Höhepunkt ein Citroën DS, den einst der französische Präsident Charles de Gaulle zur Unabhängigkeit Kameruns 1960 mit nach Yaounde brachte. Der damalige Lamido von Demsa, Ousmanou, erwarb das Gefährt schließlich. Doch während heute die metallischen Pferdestärken von einst im Dunklen verstauben, gilt die ungebrochene Liebe des jungen Lamidos der Cavalerie – den Pferden, die reich geschmückt in der Sonne funkeln, mit ihren verhüllten Reitern durch die Savanne galoppieren und mit denen das Volk der Fulani, zu dem die Bewohner von Demsa zählen, einst das Land eroberten.  

Ein alter Citroen von Charles de Gaulle in Kamerun. Foto: Wolfgang Bürkle

Besucht im März 2013.

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